HM-HETZELMEDIA

 

Von       : H. Hetzel

Datum     : 4.6.2020

Niederlande/Corona/

 

Zu alt – zu dick – aussortiert

 

Corona-Krise bringt: Altersdiskriminierung und staatliche Überwachung

Staat will alle Daten der Restaurantbesucher speichern/Altersdiskriminierung in Rotterdamer Restaurant/Alte und Dicke haben keinen Zugang

 

Von HELMUT HETZEL

 

Den Haag. Die Corona-Krise und die Anti-Corona-Pandemiemaßnahmen treiben inzwischen kuriose Blüten. In den Niederlanden hat die christlich-liberale Haager Regierung zwar den ,,intelligenten Lockdown,‘‘ der seit dem 15. März galt, zum 1. Juni erheblich gelockert und ließ auch wieder alle Gastronomiebetriebe, Museen und Theater öffnen. Allerdings mit der Auflage, dass alle Gäste, die ein Restaurant besuchen wollen, dort reservieren müssen, mit Angabe von Namen, Telefonnummer und Anschrift. Auch ist das Restaurantpersonal dazu verpflichtet, die Gäste beim Besuch des Restaurants mit der Frage zu konfrontieren: Haben sie Corona-Symptome? Nun will der Haager Gesundheitsminister Hugo de Jonge noch einen Schritt weiter gehen. Er will an die Daten der Restaurantgäste ran. Er will, dass die Restaurants diese Gästedaten melden, so dass diese zentral gespeichert werden können. So könne der Staat jederzeit wissen, wer wann wo und mit wem in welchem Restaurant war. Im Falle einer Infektion mit Corona könnten dann alle Personen, die mit dieser Person Kontakt hatten, identifiziert und gewarnt werden, so der 42jährige Haager Gesundheitsminister in einem Brief an die 150 Abgeordneten des niederländischen Parlaments. Die müssen jetzt über diesen Vorschlag des Gesundheitsministers debattieren und dann darüber entscheiden, ob sie dieses Vorhaben des christdemokratischen Ministers als Gesetz annehmen oder nicht. Denn es gibt erhebliche Datenschutz-Bedenken gegen diese geplante rigorose staatliche Überwachungsmaßnahme des gesamten Restaurant-Publikums. Es dürfte eine spannende Debatte im Haager Parlament über dieses Thema werden. ,,Ich werde mit dem Gastronomieverband beraten, wie man meine Idee am besten umsetzen kann,‘‘ kündigte Gesundheitsminister de Jonge ferner an.

Wenn sich der Haager Gesundheitsminister de Jong mit seiner Idee, dass die Daten aller Restaurantsucher gespeichert worden sollen, durchsetzen kann, dann will er das auch noch auf andere Bereiche ausweiten, wo sich Menschen registrieren lassen müssen, meint er. Gelingt dem Minister das, wäre das  ein Riesenschritt hinein in den Überwachungsstaat. Gesundheitsprävention auf Kosten der Privatsphäre und auf Kosten des Datenschutzes der Bürger.

Ganz kurios treibt es inzwischen das Restaurant ,,Willaerts‘‘ im Rotterdam. Das im Stadtteil Papendrecht gelegene beim Publikum sehr beliebte Restaurant registriert seine Gäste nicht nur, so wie das nun in Corona-Zeiten vorgeschrieben ist. Das Restaurant ,,Willaerts‘‘ selektiert seine Gäste auch noch. Senioren, die älter als 70 Jahre sind, haben keinen Zutritt mehr. Auch will das Restaurant zu dicken Gästen nichts mehr zu essen und zu trinken servieren. Altersdiskriminierung pur. Und wer legt fest, ob jemand zu dick ist? Der Ober vielleicht?

Viele Senioren aber auch die Seniorengewerkschaft ANBO sind wütend.

Die ANBO-Vorsitzende Liane den Haan dazu: ,,Das ist widerrechtlich, unvorstellbar und nicht zu akzeptieren.‘‘ Die Seniorengewerkschaft hat alle Senioren dazu aufgerufen, ihr zu melden, falls sie wegen Altersdiskriminierung in Restaurants keinen Platz bekommen sollten.

Maas Zwaan, die Sprecherin der ,,Willaerts-Gruppe,‘‘ die außer in Rotterdam auch in Dordrecht und in Ablasserdam noch Restaurants betreibt, sagt zur Altersdiskriminierung ihrer Gäste: ,,Wir finden die Aufregung, die deswegen entstanden ist, peinlich. Man versteht die Situation nicht, in der wir uns befinden. Wir merken, dass sich die Senioren darüber ärgern. Sie denken, alles ist jetzt wieder möglich wie früher vor der Corona-Krise. Wir werden künftig niemanden mehr weigern. Aber wir appellieren an den gesunden Menschenverstand der Senioren.‘‘  Sie gehörten schließlich zur Risikogruppe. ,,Gastfreundschaft ist für uns das Allerwichtigste. Aber wir müssen uns auch an die Vorgaben des Gesundheitsdienstes RIVM halten. Wir bekommen auch viel Anfragen von Menschen, die mit ihrer Familie und mit ihren Freunden ihren Geburtstag bei uns feiern wollen. Auch das müssen wir ablehnen, das geht momentan nicht, dass zu viele Menschen zu uns in die Restaurants kommen. Das verstößt gegen die geltenden Anti-Corona-Vorschriften.‘‘

Die Bedienung Helga trägt bei der Eröffnung des 180. Oktoberfests am 21.09.2013 in München (Bayern) 12 Bierkrüge. Die Wiesn findet in diesem Corona-Jahr 2020 nicht statt

Seitens des niederländischen Gastronomieverbandes ,,Koninklijke Horeca Nederland‘‘ heißt es: ,,Es gibt kein landesweites Gastronomieverbot für Senioren. Wir raten Senioren jedoch vorsichtig zu sein und wenn möglich zu Hause zu bleiben.‘‘ Aber muss in einem freien Land nicht jeder selbst entscheiden können, ob er oder sie ein Restaurant besucht – unabhängig vom Alter? Oder werden wir alle auch bald ,,social gescanned‘‘ und erhalten vom Staat Strafpunkte für ,,unsoziales‘‘ Verhalten, so wie das in China schon der Fall ist? In Corona-Zeiten ist alles denkbar und vieles machbar.

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