HM-HETZELMEDIA

Von       : H.HETZEL, Den Haag

Datum     : 9.2.2023

Niederlande/Irland/Samuel Beckett

 Die Holland-Kolumne

Die neue Inklusivitäts-Zensur: Ein absurdes Theater in Groningen

Warten auf Godot in Groningen/Das Theaterstück des irischen Autors Samuel Beckett darf nicht aufgeführt werden, weil nur Männer spielen dürfen

Müssen die Vagina-Monologe nun von Männern vorgetragen werden?

Von HELMUT HETZEL

Den Haag. Das weltberühmte Theaterstück des irischen Autors Samuel Beckett (1906 -1989) wird in den Niederlanden zu einer absurden Real-Satire. Die Aufführung des Beckett-Meisterwerks sollte ab März von der Groninger Studenten- und Theatervereinigung ´´GUTS (Groningen University Theatre Society)´´ auf die Bühne gebracht werden.

Doch das studentische Kulturzentrum Usva, auf deren Bühne die Godot-Aufführung stattfinden sollte, hat diese nun kurzerhand verboten. Sie übt eine ´´Inklusivitäts-Zensur´´ aus.

Der Grund des Verbots: In ´´Warten auf Godot´´ dürfen nach Vorgabe des Autors Beckett nur Männer spielen, genau fünf Männer. Zwei von ihnen haben feste Plätze auf der Bühne. Drei kommen hinzu. Sie führen gemeinsam teilweise absurde und surrealistische Dialoge, die das Leben als absurdes Welt-Theater persiflieren. Die fünf Männer warten auf Godot und auf ihre Erlösung – aber Godot kommt nie.

Nobelpreis für Literatur

 

Samuel Beckett

Das Theaterstück hat Beckett weltberühmt gemacht. Er gilt als einer der bedeutendsten Schriftsteller des 20. Jahrhunderts und wurde 1969 für sein Meisterwerk ´´Warten auf Godot´´ mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet. Sein ´´Warten auf Godot,´´ das Becket zunächst auf Französisch schrieb: ´´En attendant Godot,´´ wurde am 5. Januar 1953 in Paris uraufgeführt. Später hat Beckett sein eigenes Meisterwerk ins Englische übersetzt. Beckett verfügte in seinem Testament, dass das Stück ´´Warten auf Godot´´ nur von fünf Männern in der von ihm festgelegten Bühnenbesetzung gespielt werden dürfe. Die Beckett-Stiftung, die die Urheberrechte von Beckett verwaltet, kontrolliert das.

Doch anno 2023 soll das, was Beckett wollte, nicht mehr möglich sein. Zumindest nicht auf einer Studenten-Bühne im nordniederländischen Groningen.

Universität Groningen

´´Wir erhielten von der Theatervereinigung GUTS eine Anfrage für Subventionen für die Aufführung des Beckett-Stücks. Die haben wir geprüft. Bei der Prüfung entdeckten wir, dass GUTS die Männer-Vorgabe von Beckett akzeptiert hat und dass nur Männer spielen sollten. Das war für uns ein Schock. Das können wir prinzipiell nicht akzeptieren,´´ sagt Fay Sterken, Vorsitzende des Studentenvorstandes Usva.

Zensur nimmt ihren Lauf

Nun nahmen die Dinge ihren Lauf. Und ein absurdes Theaterstück begann, wie es Beckett selbst nicht besser hätte schreiben können. Der Usva-Vorsitzende Bram Douwes unterstützte den gleichnamigen Studentenvorstand und dessen Vorsitzende Fay Sterken. ´´Wir stehen 100prozentig hinter Frau Sterken und dem studentischen Vorstand. Inhaltlich haben wir nichts gegen das Stück von Beckett. Aber man kann beim Casting für die Rollen nicht von vorne herein bestimmte Menschen ausschließen. Das verstößt gegen die Inklusivitätspolitik an der Universität,´´ ließ Douwes wissen.

Alptraum

´´Ich bin aus allen Wolken gefallen, als ich das hörte und dachte zunächst, ich hatte einen schrecklichen Alptraum,´´ sagt Regisseur Oisín Moyne (26) von der übrigens englischsprachigen Theatergruppe GUTS. ´´Wir proben für das Stück schon seit November.´´

Die Bedingung des Autors Beckett, sein Meisterwerk ´´Warten auf Godot´´ nur von Männern spielen zu lassen, sei bekannt gewesen. ´´Wir waren auch nicht happy darüber, dass es diese Bedingung gibt, dass nur Männer in dem Stück auf der Bühne auftreten dürfen. Wir haben das diskutiert und darüber abgestimmt. Eine Mehrheit der Vereinigung war dafür, die Beckett-Vorgabe zu akzeptieren. Wir wollten  und wollen das Stück unbedingt aufführen, denn es ist noch immer relevant.´´

Warten auf Godot

 

LHBTQ-Gemeinschaft: Keine Probleme

So ist es. Denn wichtig zu wissen ist auch: In der Theater-Crew, die das Beckett-Stück in Groningen auf die Bühne bringen will, gibt es neben den fünf – in der Tat nach Beckett-Vorgabe männlichen Schauspielern auf der Bühne – noch dreizehn weitere Mitarbeiter. Bühnenbilder, Beleuchter, Tontechniker. Insgesamt 18 Personen sind daran beteiligt. Die meisten davon sind weiblich, einige auch transgender und bekennende

Mitglieder der LHBTQ-Gemeinschaft. Sie alle haben nichts dagegen, dass in diesem weltberühmten Theaterstück von Beckett, das sie inszenieren, nur Männer auf der Bühne stehen dürfen, weil es der Autor so verfügt hat.

Vagina-Monologe von Männern?

Es drängt sich nach diesem absurden Theater in Groningen förmlich die Frage auf: Müssen die ebenfalls berühmten Vagina-Monologe der New Yorker Theaterautorin Eve Ensler  künftig auch von Männern gesprochen werden?

Links:

https://gutstheatre.nl/

https://www.usva.nl/

https://www.deutschlandfunk.de/beckett-warten-godot-100.html

https://www.orellfuessli.ch/shop/home/artikeldetails/A1041231780

www.hetzelmedia.com

www.helmuthetzel.com

www.haagsche-salon.com

 

https://www.google.com/search?q=warten+auf+godot&rlz=1C1JZAP_enNL1035NL1035&oq=war&aqs=chrome.0.69i59l2j69i57j0i512l2j69i60j69i61j69i60.3371j0j7&sourceid=chrome&ie=UTF-8#fpstate=ive&vld=cid:6a4673a8,vid:WJCAHnl608c

 

 

/ Textende / Copyright © by HELMUT HETZEL / Den Haag