HM-HETZELMEDIA

Von       : H.HETZEL, Den Haag

Datum     : 30.10.2025

 

Der Wahl-Krimi in den Niederlanden:

Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Wilders und Jetten – zwischen rechtspopulistischer PVV und linksliberalen Demokraten ´66

Rücktritt von Frans Timmermans nach enttäuschendem Ergebnis von Grün-Links/Denkzettel für Geert Wilders

Noch immer kein Ergebnis

 

Von HELMUT HETZEL

Den Haag. So spannend war eine Wahl in den Niederlanden noch nie. In Holland geht ein regelrechter Wahl-Krimi über die Bühne, inszeniert von 13 Millionen Wählern.

Eigentlich sollte um 10 Uhr am Donnerstagmorgen klar sein, wie die Wahl ausging. Das war aber nicht der Fall. Das öffentlich-rechtliche NOS-TV, das in einer Sondersendung rund um die Uhr berichtet, verlängerte diese immer wieder. Dann sollte das Ergebnis um 12.00 Uhr  vorliegen. Tat es aber nicht.

In einigen Städten wurde neu ausgezählt. In der niederländischen Gemeinde Venray, Provinz Limburg bei Venlo, brach Brand im Rathaus aus. Es sind aber keine Stimmzettel verbrannt, hieß es. Die Auszählung musste aber unterbrochen werden.

Während diese Zeilen geschrieben werden, liegt Geert Wilders und dessen rechtspopulistische „Partei für die Freiheit PVV“ mit nur 1384 Stimmen knapp vor der linksliberalen Partei Demokraten ´66 von Spitzenkandidat Rob Jetten.

Geert Wilders (62) – der ewige Oppositionelle

Aber: Es gibt 700.000 potentielle Briefwähler von wahlberechtigten Niederländern, die im Ausland wohnen. Die letzten 90.000 Briefwahl-Stimmen werden aber erst nächsten Montag – oder später – erwartet. Sie könnten ausschlaggebend sein. Auf das definitive Wahlergebnis muss also noch gewartet werden.

Geert Wilders drohte aber bereits: „Solange nicht 100 Prozent der Stimmen ausgezählt sind, darf es keinen Wahlsieger und keine Koalitionsverhandlungen geben,“ twitterte er auf der Nachrichtenplattform X. Der Presse stellt er sich nicht.

Wer ist Wahlsieger? – Geert Wilders oder Rob Jetten?

Auch der andere mögliche Sieger der Wahl, Rob Jetten, plädierte für: Abwarten. Wie die meisten anderen Gewinner dieser Wahl, schnitt er im Haager Parlament die Torte an, die im D´66-Fraktionssaal für ihn bereit stand. Jetten, wie immer ganz Gentlemen, bot er das erste Stück der Torte der Reporterin von RTL-TV an. Denn Jetten redete – anders als Wilders – sofort am frühen Morgen mit der Presse.

Beide Parteien, PVV und D´66 steuern laut der zweiten vorläufigen Prognose der Nachrichtenagentur ANP auf jeweils 26 Sitze zu. In der ersten Hochrechnung hatte die D´66 27 Sitze, die PVV 25 Mandate.

Rob Jetten, Spitzenkandidat der linksliberalen Demokraten ´66 feiert seinen Erfolg

Jetten hat gute Chancen, neuer Premierminister der Niederlande zu werden. Die Frage ist nur: In welcher Koalition?

Auch wenn Geert Wilders (62) und dessen Ein-Mann-Partei PVV nun doch noch mit den linksliberalen D´66 gleichgezogen hat und jetzt ganz knapp führt, fest steht auch: Wilders hat vom Wähler einen Denkzettel verpasst bekommen. Die PVV hat elf Mandate verloren. Viele Wähler haben Wilders den Rücken zugekehrt, weil er im Juni das rechtskonservative Vierparteien-Kabinett gestürzt hat, in dem die PVV neun Minister stellte. Deshalb waren vorgezogene Neuwahlen notwendig geworden.

Wilders kommentierte den vorläufigen Wahlausgang am Wahlabend mit den Worten: „Der Wähler hat gesprochen“, schrieb er auf X. „Wir hatten auf ein anderes Ergebnis gehofft.“

Der große Verlierer und die traurige Gestalt dieser wichtigen und spannenden Wahl ist Frans Timmermans. Die von ihm angeführte grün-linke Parteien-Allianz GL-PvdA verlor gegenüber der Wahl von 2023 fünf Mandate und schickt jetzt nur noch 20 Abgeordnete ins Haager Parlament, das 150 Sitze zählt.

Kurz nach Bekanntgabe der ersten Hochrechnung gab Timmermans seinen Rücktritt bekannt: „Ich übernehme die volle Verantwortung für dieses Ergebnis und mache den Weg für eine neue Generation frei,“ sagte er in einer bewegenden und sehr emotionalen Rede. Für den ehemaligen heute 64jährigen EU-Kommissar Timmermans ist das nun wohl das Ende seiner politischen Karriere.

 

Frans Timmermans – die traurige Gestalt und der Wahlverlierer. Die Niederlage ist das Ende seiner politischen Karriere. Er tritt als Vorsitzender der grün-linken Partei-Allianz GL-PvdA ab

Die rechtslibeale VVD und die Christdemokraten CDA verlieren  nach der zweiten Hochrechnung jeweils einen Sitz.

Die VVD kommt nun auf 22 Mandate, die CDA auf 18 Sitze.

Dilan Yesilgöz – Spitzenkandidatin der rechtsliberalen VVD

Aber dass die VVD-Spitzenkandidatin Dilan Yesilgöz (48) mit nun 22 Mandaten (minus zwei gegenüber  Wahl von 2023) doch noch relativ gut abschnitt, ist ein Achtungserfolg für die gebürtige türkische Kurdin Yesilgöz. Sie wird nun in den kommenden Koalitionsverhandlungen eine wichtige Stimme haben. Sie kann mit darüber entscheiden, ob es in Den Haag künftig eine Mitte-Rechts oder eine Mitte-Links-Koalition geben wird. Yesilgöz ist für eine Mitte-Rechts-Koaliton, also ohne die grün-linke Allianz aus GL-PvdA, aber mit der rechtskonservativen JA21.

Denn auch die 2021 gegründete JA21 unter Führung von Joost Eerdmans (54) ist ein Wahlsieger und schickt nun neun (plus acht) Abgeordnete ins neugewählte Haager Parlament. Eerdmans selbstbewusst: „Wir wollen mitregieren.“ Eerdmans ist ein überzeugter Rechtskonservativer. Er weißt regelmäßig darauf hin: „Ich komme aus der Schule von Pim Fortyn.“ Pim Fortuyn, der in 2002 gute Chancen hatte, Premierminister der Niederlande zu werden, wurde am 6. Mai 2002 kurz vor der Wahl von einem militanten Tierschützer erschossen.

Die Wahlbeteiligung lag bei 78,4 Prozent. Aber noch nie gab es so viele Blanko-Stimmen wie bei dieser Wahl, nämlich rund 40.000.

Mit Blankostimmen machen Wähler deutlich, dass sie mit dem gesamten Politikbetrieb nicht einverstanden sind.

Es werden im neu gewählten niederländischen Parlament nur noch 12 statt bisher 15 Parteien vertreten sein. In den Niederlanden gibt es keine Fünf-Prozent-Hürde.

Noch ist alles offen. Es könnte also noch passieren, dass Wilders oder Jetten die Wahl gewinnt – aber nur ganz knapp. Erst wenn das feststeht, können erste Koalitionsgespräche beginnen. Folge: Vor Weihnachten wird es in den Niederlanden voraussichtlich keine neue Regierung geben.

Links:

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Der Kommentar:

Patt-Situation in Holland

HM-HETZELMEDIA

Von       : H.HETZEL, Den Haag

Datum     : 30.10.2025

Niederlande/Wahl

Patt-Situation im polarisierten Holland

Von HELMUT HETZEL

Den Haag. Holland hat gewählt. Die Wähler im Land der Tulpen haben einen Wahl-Krimi aus dem Urnengang gemacht. Es wird noch immer gezählt und gezählt. Es wird Tage dauern, bis der offizielle Wahlsieger amtlich feststeht. Wird es der neue Sunnyboy und bekennende Homosexuelle Rob Jetten (38) von der linksliberalen D´66 sein – oder wird es der Rechtspopulist und Islamkritiker Geert Wilders (62)? Das ist die Gretchenfrage, die sich jetzt die Niederländer stellen.

Wer Wahlsieger ist, hat das Recht, mit den Koalitionsverhandlungen zu beginnen. Da das nicht klar ist, müssen die Koalitionsverhandlungen warten.

Falls Wilders doch noch gewinnen sollte, neuer Regierungschef in Den Haag wird er nicht. Alle drei anderen großen Parteien wollen nicht mit ihm koalieren. Das ist die neue Brandmauer á la hollandaise, die gegen Wilders gebaut wurde.

Aber Wilders hatte seine Chance im letzten Kabinett in dem seine Partei, die PVV, neun Minister stellten. Er hat sie vergeigt, indem er die rechtskonservative Regierung im Juni stürzte und so die Neuwahlen auslöste. Wilders konnte nicht akzeptieren, dass er nicht Premierminister werden durfte.

Diese Wahl aber zeigt. Die niederländische Gesellschaft ist polarisiert wie nie zuvor. In Links und Rechts. Die Parteienlandschaft ist fragmentiert. Es werden mindestens vier, wahrscheinlich aber sogar fünf Parteien zur Bildung einer neuen Regierungskoalition notwendig sein.

Im 150 Abgeordnete zählenden Haager Parlament haben die konservativen und rechtsgerichteten Parteien klar die Mehrheit, obwohl der große Wahlsieger Rob Jetten ein Sozialliberaler ist.

Fakt ist: 86 der insgesamt 150 Abgeordneten gehören konservativen oder rechts gerichteten Parteien an.

Rob Jetten der neue Superstar

 

Rob Jetten – möglicherweise der neue niederländische Premierminister

Will Jetten neuer Premierminister in Den Haag werden, dann wird er wohl weitreichende Kompromisse machen und viel Wasser in den Wein gießen müssen. Denn ein Mitte-Rechts-Kabinett, das Jetten nicht will, ist nach diesem Urnengang der klare Wählerwille. Jetten will lieber mit dem Wahlverlierer, der grün-linken GL-PvdA regieren.

Das aber will die rechtsliberale VVD und deren Chefin Dilan Yesilgöz nicht.

Die VVD ist nach diesem Wahlergebnis das Zünglein an der Waage. Die VVD und Yesilgöz wollen ein Mitte-Rechts-Kabinett – ohne Wilders aber mit Jetten.

Es wird zu einer Machtprobe zwischen Jetten (D´66) und Yesilgöz (VVD) kommen – und Wilders muss zuschauen.

Dieser Urnengang hat ferner den Niedergang der grün-linken Parteien bestätigt, was auch eine Botschaft an die anderen europäischen Länder sendet.

Aber die Wähler haben auch Geert Wilders einen Denkzettel verpasst. Sie haben vielleicht den Anfang des Endes der Ära Wilders eingeleitet.

Diese Wahl in Holland war eine Weichenstellung.

 

LINKS:

https://www.vrt.be/vrtnws/nl/kijk/2025/10/29/video-nederland-verkiezingen-winnaars-en-verliezers/

 

 

 

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